Weiß mal ganz anders
Ist es Euch schon mal passiert, dass Euer Partner sagt: „Nächste Woche habe ich eine Überraschung für Dich. Zieh Dich mal weiß an. Am besten Dein weißes Kleid“.
So.
Damit fang jetzt mal was an!
Am besagten Tag fährt er mit mir in einen Supermarkt, macht es sich mit mir an der Kühltheke bequem und will mit Dir zusammen ein 3 Gänge Menu planen, welches kalt ess- und zusätzlich mitnehmbar ist. Nun ja. Ich weis ja immer noch nichts! Also, planen wir mal.
Zu Hause wandern dann in einen Korb folgende Dinge: Weiße Tischdecke, weißes Geschirr, Besteck, Dekomaterial in den Farben weiß und silber und diverse Kerzen…
Gut, mittlerweile habe ich rausbekommen, dass es zu so etwas wie einem Picknick oder „Grillfeier“ geht. Dann ziehen wir uns um. Ich das gewünschte weiße Kleid…und er sich auch in ganz weiß.
Somit bin ich nun vollends verwirrt.
Er läuft die ganze Zeit mit seinem Handy durch die Gegend und schaut unablässig darauf.
Zu einer bestimmten Uhrzeit springt er dann auf und will unbedingt gaaaanz schnell los. Zum Glück bin ich flexibel!!!
Wir fahren nach Darmstadt und parken in der Nähe vom Herrngarten. Im Kofferraum befinden sich, wie aus Zauberhand, ein Picknicktisch und die dazu passenden Stühle…neben mir laufen zwei weiß gekleidete Damen….
Hmmmm….schon seltsam.
Im Herrngarten dann auf einmal: Überall weiß gekleidete Menschen in Richtung Karolinenplatz.
Ein Treffen der Malerinnung? Ärztekongress? Tag der Krankenpfleger? Massenmassage….?
NEIN! Ein flashmob!!!!! (engl. für „aufgewiegelte Volksmenge“)
Wir betreten den Karolinenplatz wo schon die ersten 500 Menschen damit beschäftigt sind ihre eigenen Tische zu langen Reihen aufzubauen und diese weiß zu schmücken.
Also versteht mich richtig: Jeder hat seine eigenen Tische dabei, und diese werden einfach mit einem Lächeln aneinander gestellt. Alle lachen miteinander, machen sich miteinander bekannt….die Speisen kommen auf den Tisch…
…und da gibt es natürlich auch die Leute, die Bescheid wussten und sich aufwändig für diesen Event vorbereitet habe. Blumenbouquets, silberne Sheving dishes mit warmen Speisen, weiße Satinfräcke und weiße Satinzylinder, silberne Kerzenleuchter mit weißen Kerzen…mit Helium gefüllte weiße Luftballons, weiße Stuhlhussen und sogar weiße Pavillons (der Himmel sieht nicht gut aus..). Sogar die Speisen sind überwiegend weiß…eine weiße Marzipantorte, Sushi…mittlerweile sind ca. 1500 Menschen in weiß auf dem Platz…
Wir finden eine Reihe mit wirklich netten Tischnachbarn. Und so langsam erfahre ich wo wir eigentlich gelandet sind.
Wir sind auf dem „Le Diner en blanc“.
Die Geschichte des „Diner“ ist schnell erzählt. 1988 hatte ein Franzose das Problem, dass er mehr Leute zu seiner Gartenparty eingeladen hatte als der Garten Personen fast. Man spricht von 200 Gästen ausschließlich in weiß gekleidet. Also ist er auf einen öffentlichen Park ausgewichen.
Im 4. Jahr dann hat er das ganze dann irgendwo in Paris stattfinden lassen, natürlich ohne behördliche Genehmigung. Versteht sich.
Die Gäste hatten so viel Spaß dabei, dass dies seitdem immer im Juni abgehalten wird. Und so langsam findet dieser Event in immer mehr Ländern Zuspruch.
Das Datum ist schon etwas länger bekannt nur nicht Ort und Zeit. Über ein bekanntes „social network“ kommen diese Daten eine halbe Stunde vor Beginn auf Smartphones, oder auch per sms auf Handies. Nun heißt es aufspringen und losfahren!
Die Stimmung ist unbeschreibbar! Auf einmal hörst Du ein Klingeln weil jemand mit dem Messer gegen das Glas schlägt. Die Nachbarn machen mit, das Geräusch geht auf die Nachbartische über und auf einmal klingeln über dem gesamten Karolinenplatz hunderte von Gläsern…wir stehen auf und erheben die Gläser. Jeder prostet sich zu.
Was für eine friedliche und stimmungsvolle Geste!
Alle lächeln, setzen sich wieder und fangen an zu essen. Die Blicke schweifen natürlich auch auf die Nachbartische. Du teilst mit den anderen und erweiterst Dein Geschmacksspektrum.
Später am Abend, als es dunkel wird, gehen wie auf ein Zeichen hunderte von Wunderkerzen gleichzeitig an.
Kaum auszudrücken wie ich mich fühle. In der Menge mit Gleichgesinnten irgendwie wohl. Wir beobachten die Schaulustigen die uns beobachten. Die Polizei stattet der Menge einen Besuch ab. Aber was soll man zu 1500 Menschen sagen die friedlich miteinander essen und lachen?
Eben! Nichts!
Sogar das Fernsehen ist dabei.
So gegen 22:00 Uhr fängt es an zu regnen. Den meisten macht es nichts aus oder ziehen einfach unter eine Bedachung um. Wir packen unsere Sachen, auf stärkeren Regen sind wir dann doch nicht eingestellt.
Wir erfahren am nächsten Tag, dass die letzten so gegen 1:30 den Karolinenplatz verlassen haben. Und keiner hat danach bemerkt was Stunden zuvor hier stattgefunden hat. Nichts erinnert an diesen Event. Noch nicht einmal Müll. Die Menschen haben alles was sie gebracht haben auch wieder mitgenommen.
Unser Fazit: Ein Event den sich jeder antun sollte. Immer und immer wieder! Im nächsten Jahr werden wir versuchen alle unsere Freunde zu aktivieren und dann bauen wir eine Reihe für uns alleine J
An meinen Schatz: Un grand merci pour l’idée géniale. Vous gérez de toujours me surprendre. Je t’aime !
